Versteckte Hinweise im Praktikumszeugnis

Arbeitszeugnis
Arbeitszeugnis

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Das Studium neigt sich dem Ende zu und es wird höchste Zeit, sich auf einen Job zu bewerben.

Eine gründliche Recherche im Internet und schnell hat man ein paar Stellen gefunden, die perfekt zum eigenen Profil passen. Also bloß keine Zeit verlieren und Bewerbungen schreiben. Deckblatt, Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse … Fehlt da noch was? Ach ja, Praktikumszeugnisse! Die sollte man natürlich hinzufügen, schließlich hat man schon in diesem Bereich Erfahrungen gesammelt und das kann ja nur von Vorteil sein, oder etwa nicht?

Mit solchen Annahmen sollte man jedoch vorsichtig sein, denn ein Zeugnis, welches auf den ersten Blick sehr positiv wirkt, kann sich ganz schnell als eine negative Beurteilung herausstellen.

Qualifiziertes vs. einfaches Praktikumszeugnis

Bevor wir das Zeugnis genauer unter die Lupe nehmen, werfen wir zuerst einen Blick auf die gesetzlichen Regelungen. Haben Praktikanten überhaupt einen Anspruch auf ein Praktikumszeugnis? Die Antwort lautet „Ja!“, denn laut §109 der Gewerbeordnung (GewO) und §630 des BGB sind Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, ihren Angestellten ein Arbeitszeugnis auszustellen. Dies umfasst auch die Zeugnisse von Praktikanten. Also lass dich nicht abwimmeln und bestehe auf dein Recht!

In der Gewerbeordnung wird zwischen einem „einfachen Praktikumszeugnis“ und einem „qualifizierten Praktikumszeugnis“ unterschieden. Ein einfaches Praktikumszeugnis zeichnet sich dadurch aus, dass darin keine Bewertungen der Leistungsfähigkeit oder des Verhaltens des Praktikanten vorgenommen werden dürfen. Es handelt sich also lediglich um ein der Praktikumsbestätigung. So sieht der typische Aufbau eines einfachen Zeugnisses aus:

Vorbild eines einfachen Praktikumszeugnisses

Muster eines einfachen Praktikumszeugnisses

Das qualifizierte Praktikumszeugnis hat im Großen und Ganzen dasselbe Muster wie das einfache Zeugnis. Der Unterschied hierbei ist, dass es mit ausführlichen Angaben zur Beurteilung des Praktikanten erweitert wird. Somit werden nach Punkt 6 (Beschäftigungsdauer) folgende Aspekte zusätzlich aufgelistet:

  • Die genaue Tätigkeitsbeschreibung (Haupt- und Nebentätigkeiten)
  • Leistungsbeurteilung
  • Dein Verhalten in Bezug auf Vorgesetzte, Mitarbeiter und Kunden
  • Die Gründe für dein Ausscheiden aus dem Unternehmen

Formulierungen und ihre Bedeutungen

„[…] Die Aufgaben wurden mit Sorgfalt und Genauigkeit ausgeführt. […] Ihre Leistungen fanden unsere Zufriedenheit. […] Wir wünschen ihr für die Zukunft alles Gute.“

Jedes Arbeitszeugnis liest sich auf den ersten Blick positiv. Das ist auch  nicht weiter verwunderlich, denn ein Zeugnis sollte gegenüber den Praktikanten „wohlwollend“ sein. Konkret heißt das, dass der Arbeitsgeber im Zeugnis ihm gegenüber keine negativen Äußerungen machen darf, die später bei der Arbeitssuche hinderlich sein könnten. Das ist sogar im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert.

Aus diesem Grund ist ein Geheimcode entstanden, den die Personalverantwortlichen dazu nutzen, um mögliche Kritik zwischen den Zeilen zu verstecken. Die negative Bewertung, die die Personaler oft mit wohlwollenden Worten zu verschleiern wissen, können die Laien kaum erkennen.

Möchte der Praktikant genau herausfinden, welches Bild man im Unternehmen hinterlassen hat, ist es von Vorteil, die verschlüsselten Botschaften zu verstehen. Dazu gibt es bereits viele hilfreiche Tipps. Unter anderem kann die Bewertung des Leistungsvermögens einer bestimmten Notenskala zugeordnet werden. Hier findest du eine Übersicht der am meisten verwendeten Formulierungen:

Note 1
  • „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“
  • „stets sehr gute“ Leistungen
  • „außerordentlich zufrieden“
Note 2
  • „stets zu unseren vollen Zufriedenheit“
  • „sehr gute“ oder „stets gute“ Leistungen
  • Die Geschäftsführung ist mit Ihnen „voll und ganz zufrieden“
Note 3
  • „zu unserer vollen Zufriedenheit“
  • „stets zu unserer Zufriedenheit“
Note 4
  • „zu unserer Zufriedenheit“
  • Man war mit Ihnen „zufrieden“
Note 5
  • „unsere Erwartungen größtenteils erfüllt“
  • im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“
  • Sie haben sich „bemüht“ die Ihnen „übertragenen Aufgaben zu erfüllen“
Note 6
  • „im Rahmen ihrer/seiner Möglichkeiten“
  • Sie/er bemühte sich
  • Zeigte Verständnis für seine Aufgaben
  • im Großen und Ganzen/insgesamt

Letzter Tipp

Ein Praktikum bietet eine gute Möglichkeit, um erste Einblicke in das Berufsleben zu erhalten. Auf der Suche nach einem Job kann sich es durchaus positiv auswirken, wenn der Bewerber mehrere Praktika vorweisen kann. Ein schlechtes Praktikumszeugnis wird jedoch nicht zum Erfolg führen. Darum ist es sehr wichtig, dass du ein gutes Praktikumszeugnis vorweisen kannst. Lese es darum direkt nach dem Erhalt gründlich durch. Wenn du nämlich mit einer Formulierung nicht einverstanden bist, dann solltest du den Arbeitgeber sofort darauf ansprechen. Wenn du es im Nachhinein tust, dann wird der Prozess viel aufwendiger.

Mehr zu doppeldeutigen Botschaften findest du hier