… die Ausbildung erfolgreich gestalten!
Ein Interview mit der Expertin Sabine Bleumortier
Stell dir vor, du bist gerade in deiner Ausbildung und es will einfach alles nicht so richtig gelingen. Du verstehst dich nicht mit deinem Ausbildungsbeauftragten, die Ausbildungsverantwortlichen kümmern sich nicht um dich und am Ende des Tages bist du ganz alleine Schuld an allem.
Ganz schön demotivierend, oder?
Kann es wirklich sein, dass die Schuld grundsätzlich nur bei dir als Azubi gesucht wird? Schließlich beruht Kommunikation immer auf einem gegenseitigen Austausch. Wenn etwas nicht funktioniert, sollten doch alle Beteiligten überlegen, wo der Fehler liegen kann.
Sabine Bleumortier ist Trainerin für Auszubildende, Ausbilder sowie für ausbildende Unternehmen. Sie sieht genau in der Kommunikation zwischen den Ausbildenden innerhalb eines Betriebes und dem Auszubildenden die Schnittstelle, um eine erfolgreiche Lehre zu gewährleisten. Zudem muss die Vorbereitung der Ausbilder auf den Azubi stimmen. Ihr Statement dazu lautet, dass manche sich besser auf ihren Hund, als auf ihren Auszubildenden vorbereiten:
Wir freuen uns darauf, mehr zu dieser Haltung im Interview mit Sabine Bleumortier zu erfahren!
KG: Vielen Dank Frau Bleumortier, dass Sie sich die Zeit für ein Interview mit uns nehmen! Sie sagen, etwas überspitzt, dass sich teilweise besser auf den künftigen Haushund, als auf den Auszubildenden vorbereitet wird. Soll der Azubi also künftig zu dem Hund des Unternehmens werden oder einfach nur mehr wie ein Familienmitglied behandelt werden?
S. Bl.: Auszubildende sollten auf alle Fälle voll im Betrieb bzw. in den einzelnen Abteilungen integriert werden – und dabei wie alle anderen Mitarbeiter wertgeschätzt werden. Leider höre ich noch viel zu oft, dass es sich ja „nur“ um den Auszubildenden handelt. Viele Ausbilder machen sich auch keine großen Gedanken über den ersten Tag des Auszubildenden im Unternehmen oder im Fachbereich. Die Auszubildenden kommen voller Erwartungen und Vorfreude. Auf der anderen Seite sind sie natürlich unsicher, was sie erwartet. Wenn dann die offenen Fragen nicht beantwortet werden, kein Arbeitsplatz vorbereitet ist und der Auszubildende merkt, dass er nicht willkommen ist, ist die Enttäuschung groß. Und da nutze ich ganz gerne die Analogie zum Hund, weil ich das Gefühl habe, dass wir uns manchmal auf einen Hund (oder auch ein anderes Haustier) besser vorbereiten als auf den Auszubildenden.
KG: Sie sprechen in Ihrem Programm unter anderem davon, dass die Kommunikation zwischen dem Ausbilder und dem Auszubildenden stimmen muss und niemand etwas verlangen sollte, was er nicht selbst leisten kann. Was genau sind denn die größten Fehler, die ein Ausbilder, oder eine ausbildende Fachkraft, gegenüber seinem Azubi begehen kann?
S. Bl.:
Da möchte ich einmal drei Punkte herausgreifen:
- Wir sollten mit dem Auszubildenden reden (und weniger über ihn). Natürlich ist es nicht einfach manche Themen anzusprechen. Aber wenn wir es nicht tun, weist den Auszubildenden niemand darauf hin. Damit hat er dann auch keine Möglichkeit, sich zu verbessern und weiter zu entwickeln.
- Wir müssen auf Augenhöhe mit unserem Auszubildenden kommunizieren und ihn ernst nehmen. Die oben genannte Aussage „Das ist ja nur unser Auszubildender“ spricht nicht für diese Wertschätzung.
- Und zu guter Letzt sind wir auch ein Vorbild für den Auszubildenden. Authentisches Verhalten ist enorm wichtig. Wenn wir z.B. selbst unpünktlich sind, wird es schwer vom Auszubildenden Pünktlichkeit zu erwarten. Oder wenn wir selbst ständig auf das private Handy sehen …
KG: Neben Ihrem Ratgeber „Hilfe ein Azubi kommt! Was Azubibetreuer wissen müssen: Ein Wegweiser für Ausbildungsbeauftragte“, der vergangenes Jahr erschienen ist, haben Sie einfache Business Knigge Regeln für den Umgang von Ausbildern mit Ihren Auszubildenden. Wie würden Sie beides zusammenfassen?
S. Bl.: Im Ratgeber gebe ich Tipps für ausbildende Fachkräfte zu allen Dingen, die diese bei der Azubibetreuung beachten sollten. Da sind die „Kniggeregeln“, die ich gerade schon etwas beschrieben habe, ein Teil davon.
Es gibt im Buch viele Checklisten zur Vorbereitung auf einen Auszubildenden, Informationen zu den Lehrmethoden und auch zur Motivation.
Einen großen Anteil hat das Thema Kommunikation mit dem Auszubildenden. Durch gut geführte Gespräche nehmen wir unsere Auszubildenden ernst und zeigen Interesse an ihnen. Regelmäßige Feedbackgespräche sind zudem wichtig und dürfen nicht nur zweimal im Jahr stattfinden. Dabei sollten wir auch den Auszubildenden um Rückmeldung zur eigenen Betreuung bitten.
Was aus meiner Sicht oft vergessen wird, ist die eigene Motivation der ausbildenden Fachkräfte. Denn nur wenn wir selbst motiviert und von unserer Tätigkeit begeistert sind, wird es auch der Azubi sein. Ausbilder sollten herausfinden, was sie selbst motiviert und sich den Nutzen ihrer
Ausbildungstätigkeit bewusst machen.
KG: Natürlich ist das Verhältnis zwischen Lehrendem und Lehrling auch von dem Azubi abhängig. Wenn dieser sich jedoch vorbildlich verhält und es trotzdem nicht funktionieren will, was genau sollte der Auszubildende dann am besten machen?
S. Bl.: Hier ist jetzt die Frage, was genau nicht funktioniert. Wenn ein Auszubildender sich – aus seiner Sicht – vorbildlich verhält und dennoch kritische Rückmeldungen vom Ausbilder erhält, ist es ganz wichtig, diesen um konkrete Beispiele zu bitten. An welcher Situation macht er seinen Eindruck fest, welche Verbesserungsvorschläge hat er? Darüber sollte der Auszubildende dann in Ruhe nachdenken und kann dann vielleicht doch das ein oder andere an seinem Verhalten verändern.
Wenn das auch nicht hilft, gibt es vielleicht einen anderen Mitarbeiter im Unternehmen, zu dem der Auszubildende Vertrauen hat und den er um Unterstützung bitten kann. Im Notfall helfen auch die zuständigen Kammern weiter.
KG: Zu guter Letzt: Damit der Azubi auch wirklich zu diesem vorbildlichen Verhalten kommt, welchen Rat geben Sie ihm?
S. Bl.: Welches Verhalten würde ich mir von meinem eigenen Auszubildenden wünschen? Diese Frage sollten sich alle Auszubildenden stellen. Wenn diese dann feststellen, sie sind genauso, wie sie es sich wünschen würden, dann ist das wunderbar. Und wenn nicht, können die Auszubildenden überlegen, wo und wie sie sich noch verbessern können.
Fragen Sie nach. Oft trauen sich Auszubildende nicht, nachzufragen, welches Verhalten erwünscht ist und/oder ob sie sich richtig verhalten haben. Aber nachfragen ist besser, als sich unsicher zu fühlen. Dabei zeigen Fragen auch Interesse am Thema und der Weiterentwicklung – und das wiederum sehen viele Ausbilder überaus positiv.