Regelstudienzeit: Wie wichtig ist sie wirklich?

S/W Bild Wecker - Regelstudienzeit

Wettrennen zum Abschluss oder alles nur Panikmache?

Viele Studenten stellen sich gerade zur jetzigen Zeit, in der die einen noch tief in der Klausurphase stecken und die anderen bereits das nächste Semester planen, die Frage, wie erfolgreich ihr Studium eigentlich verläuft. Wahrscheinlich hast auch du dir schon mal Gedanken darüber gemacht und dich mit deinen Kommilitonen verglichen. Spätestens seit der Bologna-Reform reicht vielen Studenten dabei nicht mehr nur der Blick auf den Notenschnitt. Denn auch die Dauer des Studiums wird für viele zum Kriterium für den Erfolg des Studiums und spätere Karrierechancen.

Ausgelöst durch Medienberichte, den Doppeljahrgang, und der generell hohen Konkurrenz an Hochschule und Arbeitsmarkt können Gedanken an die Regelstudienzeit oft Unsicherheit und Zukunftsangst auslösen. Wenn du Gesprächen an der Uni lauschst, könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Regelstudienzeit die durchschnittliche Anzahl an Semestern sei. Einige sehen es sogar als Höchstdauer. So ist es verständlich, dass du versuchst, möglichst schnell zum Bachelor oder Master zu kommen. Schaffst du das nicht und braucht ein wenig länger zum Studieren bist du sofort unter Erklärungsnot im Vorstellungsgespräch. Falls die Bewerbung nicht direkt aussortiert wird.

Uhr vor einem Sonnenaufgang in der Natur

© Will Stewart (stocksnap)

Stimmt das? Ist die Uni heutzutage nichts als ein Wettrennen gegen die Zeit? Wie sollst du dir dann mehr Zeit zu nehmen, um bessere Noten zu erreichen, ein Praktikum zu machen, oder Auslandserfahrung zu sammeln? Doch sind all diese Dinge nicht ebenfalls wichtig für deine Karriere? Wie sieht es aus, wenn du dich zusätzlich BAföG-Empfänger bist? Wir beantworten deine Fragen!

Was ist die Regelstudienzeit wirklich?

Die Regelstudienzeit ist die Anzahl an Semestern, die mindestens benötigt wird, um einen Vollzeitstudiengang zu absolvieren. In den letzten Jahren entwickelte sich immer mehr der Eindruck, diese Zeit sei die Obergrenze für die erwünschte Zeit an der Hochschule. Dieser Eindruck liegt unter anderem auch daran, dass die Regelstudienzeit als Förderungshöchstdauer (FHD) für den BAföG dient. Sie ist aber als Rechtsanspruch für Studenten gedacht. Während dieser Zeit kann die Hochschule nicht einfach dein Fach oder deinen Studiengang streichen. In der Regel beträgt die Regelstudienzeit beim Bachelor 6-8 Semester. Die des Masters beträgt, je nach Länge des Bachelors, 2-4 Semester. Insgesamt ist für einen konsekutiven Master eine Regelstudienzeit von 10 Semestern vorgesehen.

Wie viele Studenten beenden ihr Studium in der Regelstudienzeit?

Laut des Statistischen Bundesamtes schafften 2012 nur 39,3% der Absolventen ihren Abschluss in der Regelstudienzeit. Rechnet man zu der Regelstudienzeit noch zwei zusätzliche Semester hinzu, sind es bereits 77%.
Besonders schnell waren dabei die Verwaltungswissenschaftler (98,7 % in Regelstudienzeit + 2), die Humanmediziner (88,4%) und Absolventen im Sozialwesen (85,3%). Am meisten Zeit brauchten die Germanistikstudenten (68,5%) und die Rechtswissenschaftler (67,3%).

Tipp: Du benötigst Hilfe bei der Erstellung deiner Bewerbung? Die Bewerbungsschreiber helfen dir! Weitere Informationen zum Bewerbungsservice findest du hier.

Wie wichtig ist Personalern die Regelstudienzeit?

„Uns sind interessante Lebensläufe wichtiger als schnelles Studieren und Top-Noten.“, sagt beispielsweise Katrin Schröder (Senior Recruiterin bei BMW) der Zeit. Vor allem Auslandserfahrung sei bei einem global aufgestellten Unternehmen wie BMW stärker zu bewerten. Die Praxiserfahrung ist laut Schröder „ein weiterer sehr wichtiger Faktor“. Aber auch Hobbys, ehrenamtliches Engagement, und besonders eine „Leidenschaft für das Auto“, sind für sie wichtig.

Für Marcus Reif (Leiter Employer Branding & Recruitment bei Ernst & Young) muss ein Studium ebenfalls nicht „in Hektik beendet werden.“ Für ihn spielt in der Unternehmensberatung „die Interaktion und Kommunikation mit Kunden“ eine größere Rolle. „Wenn die Karriere sechs oder zwölf Monate später beginnt, ist das okay.“

 

Bei Ingenieuren ist Peter Schürholz (Leiter Personalmarketing Lufthansa Technik AG) vor allem praktische Erfahrung wichtig. Für ihn ist Regelstudienzeit „eher zweitrangig“. Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse seien für ein international auftretendes Unternehmen wie Lufthansa entscheidender. Zudem wird persönliche Reife bevorzugt und deshalb setzte die Lufthansa „verstärkt auf Masterabsolventen mit mehr Praxis- und auch Lebenserfahrung.“

Student zwischen Bücherregalen

© Redd Angelo (stocksnap)

Was bedeutet das für dich?

In der Regel sind Personalern Qualitäten wie Praktika oder Erfahrung im Ausland wichtiger als nach wie vielen Jahren du deinen Bachelor oder Master hast. Dem Notenschnitt und charakterlichen Eigenschaften wie Motivation oder persönliche Reife wird ebenfalls mehr Bedeutung geschenkt.

Das heißt natürlich nicht, dass du dir ewig Zeit lassen kannst, denn das könnten Personaler als mangelnde Motivation oder sogar Faulheit auslegen. Du solltest zudem nicht von vorneherein mehrere Semester einplanen, da immer etwas Unvorhergesehenes passieren kann und das Studium sich so noch weiter verlängert.

Zu empfehlen ist, dass du es ernsthaft versuchst, das Studium in der Regelstudienzeit abzuschließen. Aber dann nicht zu verzweifeln, falls es mal länger dauert. Ebenfalls solltest du jede Gelegenheit um Auslands- oder Praxiserfahrung zu sammeln nutzen. Ein oder zwei zusätzliche Semester auf dem Weg zum Bachelor oder Master kannst du dafür ruhig Kauf nehmen.

Grundsätzlich gilt: Solange du gut begründen kannst, warum das Studium länger dauert (z. B. Praktika, Auslandssemester, Nebenjob, Kinderbetreuung), hast du dadurch keine Nachteile zu befürchten.

Achtung: Solltest du allerdings BAföG beziehen, sieht die Sache anders aus. Eine Förderung über die Regelstudienzeit hinaus wird nur in Ausnahmefällen (z. B. Schwangerschaft, Kinderbetreuung, Behinderung) gewährt. Dazu musst du einen Antrag auf Verlängerung der Förderung stellen und diese stichhaltig begründen! Darüber hinaus sind nur Studienabschlusshilfe oder kfw-Kredite möglich, für die du ebenfalls Anforderungen erfüllen musst. Zum Teil musst du diese Kredite sogar vollständig zurückzahlen! Am besten setzt du dich sofort mit den zuständigen Ämtern und der Studienberatung in Verbindung, sobald ein Überschreiten der Regelstudienzeit abzusehen ist!

Das finden andere Leser interessant: