Ein Kind groß zu ziehen, ist eine unglaublich schöne und aufregende Phase. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist allerdings für viele Paare eine Herausforderung. Der Erziehungsurlaub, ebenfalls als Elternzeit bekannt, soll Eltern daher ermöglichen, sich um ihr Kind zu kümmern und sich mit der neuen Situation zurechtzufinden. So bietet die Elternzeit frischgebackenen Mamas und Papas den nötigen Freiraum, um die ersten Lebensjahre des Kindes so intensiv wie möglich zu erleben. Wie sich die Elternzeit genau gestaltet, was zu beachten ist und wo Vorsicht zu genießen ist, haben wir für dich recherchiert.
Erziehungsurlaub: Was ist das?
Früher nannte es sich Erziehungsurlaub, heute wird eher von Elternzeit gesprochen. Im Jahr 2001 hat die Elternzeit mit dem zugehörigen Elterngeld den Erziehungsurlaub und das Erziehungsgeld abgelöst. Beides meint die Freistellung von Müttern und Vätern von der Arbeit für die Kinderbetreuung.
Der Grund für die Veränderung des dazugehörigen Gesetzes liegt in der Zeiteinteilung. Vor der Änderung konnte die zur Verfügung gestellte Zeit nur von einem Elternteil genommen werden oder wurde unter beiden Eltern aufgeteilt. Neu ist, dass beide Elternteile gleichzeitig eine Auszeit nehmen können.
Habe ich Anspruch auf Elternzeit?
Um Elternzeit zu bekommen, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt werden. Ein Aspekt ist ein bestehendes, ungekündigtes Arbeitsverhältnis. Die Art des Arbeitsverhältnisses spielt dabei keine Rolle. So ist es egal, ob es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis oder eine Teilzeit-Stelle handelt. Der zweite Aspekt ist das Sorgerecht für das Kind. So haben neben den leiblichen Eltern ebenfalls Adoptiv- und Pflegeeltern Anspruch auf Elternzeit.
Mehr Informationen zum BEEG, dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz.
Wann und wo beantragen?
Wenn du Anspruch auf Elternzeit hast, meldest du diese direkt bei deinem Arbeitgeber an. Vom Tag der Geburt des ersten Kindes bis zum Beginn der beruflichen Freistellung hast du sieben Wochen Zeit, deine Elternzeit zu beantragen. In Sonderfällen, wie etwa Frühgeburten oder Adoptionen, gelten abweichende Fristen.
Die Beantragung ist ein formloser, schriftlicher Antrag. Mündliche Absprachen haben keine Gültigkeit. Am besten formulierst du in dem Schreiben für den Arbeitgeber den Wunsch nach einer schriftlichen Bestätigung. Auf diese Weise kannst du später deinen Elternzeitantrag nachweisen.
TIPP: Wer das Elterngeld zeitgleich zur Elternzeit beantragt, vermeidet mögliche Einkommenslücken.
Folgende Punkte musst du bei deinem Antrag auf Elternzeit beachten:
Checkliste: Beantragung
- Konkreten Zeitraum der Elternzeit nennen
- Eintrittsdatum angeben
- Handschriftliche Unterschrift nicht vergessen
- Persönlich oder per Einschreiben einreichen – Nur das Original gilt!
- Richtiger Adressat: Geschäftsführer
Der angegebene Zeitraum ist dabei bindend und kann nur mit Zustimmung des Arbeitgebers verlängert oder verkürzt werden.
Download: Musterantrag zur Beantragung
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann unsere Vorlage benutzen.
Elternzeit: Dauer und Planung
Gedacht ist, dass Eltern insbesondere die ersten drei Jahre des Kindes aktiv miterleben können. Daher können insgesamt pro Kind drei Jahre Elternzeit beantragt werden. Für viele junge Eltern macht es jedoch mehr Sinn, eine kürzere Elternzeit zu nehmen. Das kann zum einen an karrieretechnischen Überlegungen, zum anderen an möglichen Einkommenslücken liegen.
Wann beginnt die Elternzeit?
Die Berechnung der Elternzeit für Mütter und Väter unterscheidet sich. Bei Müttern wird der achtwöchige Mutterschutz nach der Geburt von der Elternzeit abgezogen. Bei Vätern wird immer der Tag der Geburt als Beginn der Elternzeit verwendet. Der Beginn und das Ende deiner Auszeit sowie der Abgabetermin für den Antrag kannst du dir über einen Elternzeitrechner online berechnen lassen. Hier kannst du einen davon ausprobieren.
Wenn du die maximale Elternzeit beantragt hast, läuft diese mit Ablauf des Tages vor dem dritten Geburtstag des Kindes ab. So die gesetzliche Fristberechnung.
Beispiel: Ist dein Kind am 1.April 2019 geboren, so endet die Freistellung zum 31.März 2022. Am dritten Geburtstag des Kindes ist der erste Arbeitstag nach der Elternzeit.
Bis zu welchem Alter ist die Elternzeit möglich?
Die Elternzeit kann bis zum achten Lebensjahr des Kindes genutzt werden. Es ist möglich, einen geringeren Anteil von 24 Monaten zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes zu nehmen.
Wie kann ich die Zeit aufteilen?
Jedem Erziehungsberechtigten, Mutter und Vater, stehen jeweils drei Jahre zur Verfügung. Wie genau du die Elternzeit gestaltest, bleibt dir überlassen. Möglich ist, dass Eltern gemeinsam die Elternzeit mit dem Nachwuchs verbringen. Die Erziehungsberechtigten können sich dazu entscheiden, nacheinander in Elternzeit zu gehen und sich somit abwechselnd um das Kind zu kümmern.
Die Gesamtzeit kann in zwei bis drei Zeitabschnitte unterteilt werden. Wichtig ist hierbei eine gute Absprache mit dem Arbeitgeber. So ist gegebenenfalls eine Aufteilung in mehr als drei Abschnitte möglich. Wer dabei vorausschauend und zuverlässig plant, macht es dem Chef einfacher, passende Vorkehrungen zu treffen.
Wie finanziere ich die Elternzeit?
Ein neuer Familienzuwachs bedeutet neue Kosten, das kann in Verbindung mit einer beruflichen Auszeit besonders belastend sein. Aus diesem Grund können junge Familien auf finanzielle Unterstützung vom Staat zurückgreifen: das Elterngeld. Dieses gibt es in drei Varianten: Basiselterngeld, ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus. Die Varianten lassen sich untereinander kombinieren.
Wenn du alle folgenden Fragen mit ja beantworten kannst, hast du einen Anspruch auf Elterngeld.
Checkliste: Bekomme ich Elterngeld?
- Erziehst du dein Kind selbst?
- Lebst du in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Kind?
- Lebst du in Deutschland?
- Während der Elternzeit arbeitest du gar nicht oder maximal 30 Stunden pro Woche?
Die Höhe des Elterngelds richtet sich nach dem Einkommen. Die Dauer der Auszahlung hängt von der Variante der gewählten Unterstützung ab. Wer es genau wissen möchte, kann sich mit dem Elterngeldrechner schnell und einfach die monatliche Unterstützung ausrechnen lassen. Dafür einfach hier klicken.
Kann ich während der Elternzeit arbeiten?
Generell ja, unter der Bedingung, dass es weniger als 30 Stunden pro Woche sind. Wichtig ist es auch, sich im Vorfeld mit dem Arbeitgeber abzusprechen. Wer zur gleichen Zeit Gehalt und Elterngeld bekommt, muss sich bewusst sein, dass das erzielte Einkommen entsprechend verrechnet wird.
Arbeitsplatzgarantie und Kündigungsschutz
Spätestens nach drei Jahren kehrst du ins Unternehmen zurück – das ist die Arbeitsplatzgarantie. Der alte Arbeitsvertrag gilt dann wieder. Das bedeutet: wer vorher in Vollzeit gearbeitet hat, kann dies nun wieder tun. Wer jedoch lieber aufgrund der Kinder in Teilzeit arbeiten gehen möchte, muss das im Vorfeld mit seinem Arbeitgeber abklären.
Dabei genießen die Eltern, die sich für die Elternzeit entschieden haben, einen besonderen Kündigungsschutz. Ab acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und während der Freistellung gilt ein Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer. Aber in besonderen Fällen kann die oberste Landesbehörde eine Kündigung für zulässig erklären.
Ausnahmen! Hier gilt kein Kündigungsschutz:
- Vollständige Betriebsaufgabe: z. B. Insolvenz
- Gravierendes Fehlverhalten: z. B. Diebstahl, sexuelle Belästigung
TIPP: Lass dir vor dem Wechsel in die Elternzeit ein Zwischenzeugnis ausstellen. Damit stehst du bei möglichen Ausnahmefällen auf der sicheren Seite. So kannst du dich, wenn nötig, während der Elternzeit beruflich neu orientieren
Was beim Zwischenzeugnis alles zu beachten ist, kannst du hier nachlesen.
Bekomme ich nach der Elternzeit meinen alten Job wieder?
Nicht unbedingt, denn die Arbeitsplatzgarantie ist nicht gleichzusetzen mit dem Anspruch, seinen alten Arbeitsplatz wiederzubekommen. Häufig befinden sich in Arbeitsverträgen Versetzungsklauseln oder -vorbehalte. Diese können bedeuten, dass der Arbeitgeber das Recht hat, dich in einer anderen Stadt oder im Ausland arbeiten zu lassen. Üblicher ist, dass dir Aufgabenbereiche zugeschrieben werden, die von deinen bisherigen Tätigkeiten abweichen.
Tipps für den problemlosen Wiedereinstieg:
Allgemein empfiehlt sich vor und während der Elternzeit eine frühzeitige Planung und gute Absprache mit dem Arbeitgeber. So sollte man den Chef oder Vorgesetzen so früh wie möglich von der Schwangerschaft in Kenntnis setzen, damit sich beide Seiten auf die neue Situation einstellen können. Ist das Kind erst einmal da, ist es wichtig, den Kontakt mit dem Arbeitgeber und den Kollegen zu pflegen. Zum Beispiel, indem man Betriebsfeste besucht oder anbietet, eine Urlaubs- oder Krankheitsvertretung zu übernehmen. Home Office oder eine Teilzeitstelle unter 30 Stunden pro Woche beim aktuellen Arbeitgeber sind eine gute Sache, um weiterhin präsent zu bleiben.
Erwartung und Realität des Wiedereinstiegs klaffen meistens weit auseinander. Daher sollten Partner offen und ehrlich über die Zeit nach der Elternzeit sprechen. Wichtig ist, Fragen rund um die Kinderbetreuung und Arbeitsteilung zu klären. Kommt eine Haushaltshilfe in Frage? Wer kümmert sich um die Kinder, wenn beide arbeiten: Tagesmutter oder Kita?
Elternzeit: Karrierebremse?
Manche Männer und Frauen fürchten sich vor negativen Konsequenzen der Elternzeit für den Job. Werdende Eltern sehen beispielsweise die berufliche Auszeit als hinderlich für die Karriere. Die Angst besteht darin, dass der Arbeitgeber eine längere Elternzeit als Ausdruck fehlender Karriereorientierung betrachten könnte.
Wie sich das Risiko auf einen möglichen Karriereknick tatsächlich gestaltet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Dauer der Elternzeit spielt wie erwähnt eine wichtige Rolle. Darüber hinaus ist die Frage wichtig, ob man etwas für sein berufliches Profil getan hat. Zum Beispiel, ob man den Erziehungsurlaub genutzt hat, um eine Fortbildung zu besuchen. Außerdem kommt es ganz auf das Arbeitsumfeld an. In einem Familienunternehmen wird man unter Umständen eher auf die Bedürfnisse junger Eltern eingehen.
Bringt Elternzeit Gleichberechtigung?
Tatsächlich teilen sich Mütter und Väter die Elternzeit nicht in zwei gleiche Teile auf. Oftmals nehmen Männer nur zwei Monate Elternzeit. Diese Zeit wird dabei nicht vorrangig für die Kinderbetreuung genutzt. So machen viele junge Familien einfach für jeweils vier Wochen einen längeren Urlaub. Diese zwei Monate Vaterschaftsurlaub entsprechen dem Minimum, um von den sogenannten Partnermonaten zu profitieren. Dies ist eine Variante des Elterngeldes. Nach Ablauf der zwölf Monate Elterngeld wird die Auszahlung für zwei weitere Monate verlängert. Frauen nehmen im Vergleich zu Männern eine deutlich längere Auszeit von zehn bis zwölf Monaten.
Ein Grund für dieses Ungleichgewicht liegt vor allem an der umstrittenen Rolle der Frau in Deutschland. Frauen, die eine kurze Elternzeit nehmen, werden häufig als zu ehrgeizig abgewertet. Eine als zu lang wahrgenommene Auszeit für den Nachwuchs kann ebenfalls negativ, nämlich als zu wenig karriereorientiert wirken.
Männer leiden dabei ebenso unter den traditionellen Vorstellungen von Vaterschaft. So erwarten viele Chefs von männlichen Arbeitnehmern eine kurze Elternzeit von zwei Monaten. Denn diese acht Wochen Auszeit für den Vater gehen oftmals als „verlängerter Urlaub“ durch. Alles was länger ist, verlangt aus der Sicht des Arbeitgebers eine lästige Umstrukturierung.
Fazit:
Die Elternzeit ist ein schönes und wichtiges Angebot für Eltern, sich selbst um den Nachwuchs zu kümmern. Diese Auszeit kann für junge Eltern allerdings sehr herausfordernd sein. Einhergehend mit der neuen Lebenssituation stellen sich viele Fragen zur Karriere und Finanzierung. Mit dem Elterngeld werden Paare vom Staat finanziell unterstützt und mit der Arbeitsplatzgarantie sowie dem besonderen Kündigungsschutz ist auch für den beruflichen Wiedereinstieg gesorgt. Mit unseren Infos weißt du, wie du deine Elternzeit optimal vorbereiten und umsetzen kannst.